Paderborn/Kreis Höxter (red). Die 14 Kirchengemeinden des Evangelischen Kirchenkreises Paderborn, die sich gegenwärtig auf sechs Regionen verteilen, werden zukünftig drei Regionen zugeordnet. Das beschloss die Synode des Kirchenkreises bei ihrer Tagung im Paderborner Martin-Luther-Zentrum. Außerdem stimmten die Synodalen, die 77.000 evangelische Christinnen und Christen in den Kreisen Höxter und Paderborn sowie im lippischen Lügde vertreten, für das Haushaltsjahr 2023 einer Ausgabenkürzung um zehn Prozent zu.
Drei neue Regionen
„Wir denken unsere Kirche neu und verändern sie. Das ist ein fortwährender Prozess“, sagte Superintendent Volker Neuhoff. In den Regionen wird es eine gemeinsame Personalplanung im Bereich des pastoralen Dienstes geben. Hintergrund für die Entscheidung ist der Rückgang bei den Gemeindegliedern (68.000 im Jahr 2035) sowie bei den Pfarrerinnen und Pfarrern durch Ruhestand und Nachwuchsmangel.
Mit den neuen Regionen soll die pastorale Versorgung in der Fläche gesichert und die Zusammenarbeit der Kirchengemeinden intensiviert werden. Die Regionen sind so bemessen, dass sie auch im Jahr 2035 die Mindestgröße von 10.000 Gemeindegliedern nicht unterschreiten und eine Teamgröße von drei Vollzeitstellen im Team möglich ist. Dafür werden Interprofessionelle Pastoralteams (IPT) gebildet, die aus Pfarrerinnen und Pfarrern sowie aus Angehörigen weiterer kirchlicher Berufe, die in der Verkündigung, Seelsorge und Bildung tätig sind, bestehen. „Das sind sehr weitreichende Beschlüsse. Sie werden in naher Zukunft das Bild unserer Kirche verändern“, betonte Synodalassessor Gunnar Wirth.
Die neuen Regionen sind im Kreis Höxter die „Region Ost“ (mit den Kirchengemeinden Altkreis Warburg, Bad Driburg, Emmer-Nethe und Weser-Nethe), im Kreis Paderborn die „Region West“ (mit den Kirchengemeinden Bad Lippspringe, Büren-Fürstenberg, Delbrück, Elsen, Hövelhof, Lichtenau, Schloß Neuhaus und Salzkotten) sowie die „Region Paderborn“ mit den Kirchgemeinden Paderborn und Borchen.
Ausgabenkürzung in allen Bereichen
Vor dem Hintergrund eines strukturellen Haushaltsdefizits von 1 Million Euro stimmte die Synode einem Vorschlag der von ihr eingesetzten AG Zukunft zu. Im Haushaltsjahr 2023 werden die Ausgaben in allen Bereichen um zehn Prozent gekürzt. Zugrunde gelegt werden die erwarteten Kirchensteuereinahmen für das Jahr 2022 in Höhe von rund 11 Millionen Euro. Mögliche Überschüsse aus den Jahren 2021 und 2022 fließen in eine Rücklage für Strukturveränderungen. Im Jahr 2023 sollen eventuelle Überschüsse bei den Kirchensteuereinahmen zu gleichen Teilen an alle Bereiche verteilt werden. Für die Weiterarbeit an einer Prioritätensetzung bei den Aufgaben im Kirchenkreis werden Zukunftswerkstätten gebildet.
Die von der westfälischen Landessynode ab 2023 beschlossene Zweckbindung von 4 Prozent der Kirchensteuerzuweisung als Klimapauschale soll keinen zusätzlichen Einfluss auf die Haushaltskürzungen im nächsten Jahr haben, ein Differenzbetrag wird aus der Rücklage entnommen.
Mit Blick auf die „rasante Veränderung von Kirche“ sprach sich Superintendent Volker Neuhoff in seinem Bericht für eine „Kultur des Abschiednehmens“ aus. Die Gestaltung einer kleineren Kirche mit weniger Menschen, weniger Gebäuden, weniger Finanzen brauche Trauerarbeit, aber auch missionarischen Elan sowie Kreativität und Innovation. „Ich hoffe, dass wir – so paradox das klingen mag – den Rückbau in unserem Kirchenkreis so gestalten können, dass wir dabei einander und über unsere Zugehörigkeitsgrenzen hinweg andere innerlich aufbauen“, sagte Neuhoff.
„Volkskirche – eine Auslaufmodell?“
Auf Veränderung und neue Strukturen hatte die Synodalen der Vortrag von Prof. Dr. Traugott Jähnichen „Volkskirche – ein Auslaufmodell?“ eingestimmt. Jähnichen ist Professor für Christliche Gesellschaftslehre an der Ruhr-Universität Bochum und nebenamtliches Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen. Der Begriff „Volkskirche“ sei zu einem Krisenbegriff geworden, sagte Jähnichen. Dass 2021 der Anteil der Kirchenmitglieder in Deutschland unter die 50-Prozent-Marke gesunken sei, bedeute einen Einschnitt und den zunehmenden Verlust der Selbstverständlichkeit des mit dem Begriff Volkskirche verbundenen Anspruches auf „Allzuständigkeit“. Der Rückgang bei Taufen, Trauungen und Beerdigungen ist für ihn ein Zeichen für die schwindende „Sogwirkung“ dieser kirchlichen Amtshandlungen. Die Indifferenz gegenüber Kirche wachse und sie werde zu einer Option unter vielen. „Der Begriff Volkskirche ist nicht mehr passend, hat sich überlebt“, ist Jähnichen überzeugt. Das flächendeckende Netz der Volkskirche werde es so in Zukunft nicht mehr geben können. Er plädiert stattdessen für „regionale Profilierung“ und „starke Zentren mit Ausstrahlungskraft“.
Berichte aus den Gemeinden
„Die Berichte sind ein Dokument der Krise“, so fasste Synodalassessor Gunnar Wirth die Berichte aus den Kirchengemeinden über ihre Arbeit in der vergangenen zwei Jahren zusammen. Als Beispiele nannte er die Corona-Pandemie und die Geflüchteten aus der Ukraine. Darauf hätten die Kirchengemeinden mit vielfältigen Angeboten reagiert und sich neu auf den Weg gemacht. Das prägende Gefühl sei aber Verunsicherung über Fragen wie „Wo stehen wir und wie geht es weiter?“
Weitere Beschlüsse
Die Synode stimmte dem Beitritt des Kirchenkreises Bielefeld zum Kirchenkreisverband der Kirchenkreise Gütersloh, Halle und Paderborn zu. Auch die Neufassung der Satzung des Verbandes wurde beschlossen. Die beiden Verwaltungen (das Kreiskirchenamt Bielefeld und das gemeinsame Kreiskirchenamt Gütersloh-Halle-Paderborn) bleiben zunächst eigenständig, es soll aber ein Prozess für eine gemeinsame Verwaltung der vier Kirchenkreise angestoßen werden. Mit der Neufassung der Satzung ist es möglich, dass dem Verband auch andere Aufgaben übertragen werden, wie zum Beispiel Klimaschutz.
Außerdem entschied die Synode, die bereits beschlossene Kreispfarrstelle für Klinikseelsorge im Ostteil des Kirchenkreises nun mit einem reduzierten Stellenumfang von 50 Prozent und befristet auf acht Jahre zu besetzen. Im Öffentlichkeitsreferat des Kirchenkreises soll das Fundraising stärker akzentuiert und mit mindestens einem Drittel Stellenanteil wahrgenommen werden.
Vorgestellt wurden die Ergebnisse der bisher drei Runden Tische Klima des Kirchenkreises. Es wird vorgeschlagen, mehrere Arbeitsgruppen (von Gebäude über Finanzierung bis Gemeindearbeit) zu bilden. Für diese Arbeitsgruppen werden Menschen aus den Kirchengemeinden und darüber hinaus gesucht, die daran mitarbeiten möchten, dass der Kirchenkreis bis 2040 klimaneutral wird. Interessierte können sich melden bei:
Gäste der Synode waren Paderborns Bürgermeister Michael Dreier, Dechant Benedikt Fischer vom Dekanat Paderborn und Landeskirchenrat Friedrich Beyer von der Evangelischen Kirche von Westfalen.
Für Kirsten Potz, Regionalpfarrerin für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung (MÖWe), war es die letzte Teilnahme an einer Synode des Kirchenkreises Paderborn, da sie nächstes Jahr in Ruhestand gehen wird. Potz, die elf Jahre MÖWe-Regionalpfarrerin war, bedankte sich für die Zusammenarbeit. Sie sieht den Kirchenkreis gut aufgestellt bei Klima- und Umweltfragen, bei der Tansania-Partnerschaft sowie bei den Themen der globalen Gerechtigkeit.
Foto: EKP/Oliver Claes