Kreis Höxter (red). Nach der Schule unbedingt raus in die große Stadt, vielleicht studieren, auf jeden Fall eine gute Ausbildung machen. Und dann: unabhängig sein, Party machen, Karrierechancen ausloten, die große Welt sehen. So oder so ähnlich sieht heute die Lebenswirklichkeit vieler junger Menschen aus. Und plötzlich zwischen 30 und 40 ändert sich die Perspektive, die Sturm- und Drangphase geht vorbei, man hat sich ausgetobt.
So ging es auch Sabrina Busse, die vor zwei Jahren in den Kreis Höxter zurückgekehrt ist und zuvor in Kaiserslautern, Hamburg und in der Schweiz gelebt hat – bis aus dem Ehepaar eine kleine Familie wurde. „Wir brauchten mehr Platz, mehr Unterstützung und wollten gern, dass die beiden Mädchen mit ihren Großeltern aufwachsen können“, erzählt die gebürtige Höxteranerin, die nun in Godelheim lebt. Sabrina Busse, die sich mit einem „Unverpackt-Mobil“ auf den Märkten in der Region selbständig macht, hätte sich bei ihrer Rückkehr mehr Unterstützung gewünscht. „Es wäre schön gewesen, einen Ansprechpartner zu haben, der mir bei wichtigen Fragen, zum Beispiel der Kinderbetreuung zu Seite gestanden hätte.“
Rückkehragentur hilft bei allen wichtigen Belangen
Die kompetente Ansprechpartnerin im Kreis gibt es nun: Seit einem dreiviertel Jahr steht die gelernte Marketing-Expertin Julia Handtke jungen Fach- und Führungskräften, die sich mit dem Gedanken tragen, zurückzukehren, mit Rat und Tat zur Seite. In der Rückkehr- und Service-Agentur, finanziell gefördert durch LEADER-Mittel, hilft Julia Handtke die Rückkehr aufs Land einfacher zu machen und klärt gemeinsam mit ihren „Kunden“ alle wichtigen Belange und Bedürfnisse – ganz gleich, ob es sich um Jobangebote, Wohnungssuche, Baugrundstücke, Kinderbetreuung, Schule oder um Freizeit- und Familienangebote handelt.
Die Projektleiterin der Rückkehragentur im Kreis Höxter kennt die Geschichten der jungen Familien aus vielen Gesprächen ganz genau: Die Wohnung wird schnell zu eng, die Stadt nervt mit Lärm und Verkehr, und die Familie sucht Platz, Weite, Ruhe und einen schönen Garten. Kurz: Ein Umfeld, in dem Kinder inmitten von Natur und mit regelmäßigem Kontakt zu den Großeltern aufwachsen können. Die Sehnsucht nach zu Hause, nach der Familie, nach der Heimat im Kulturland Kreis Höxter nimmt zu.
Verbindungen in die Heimat nie ganz abgerissen
Die Projektleiterin betreut inzwischen mehr als 20 junge Menschen, die lange Jahre in ganz Deutschland unterwegs und in vielen Metropolen gearbeitet haben. „Für diese Rückkehrer ist die Region ja nicht unbekannt, sie wissen ja, worauf sie sich einlassen und was sie zu erwarten haben“, sagt Julia Handtke. Die Netzwerke von früher funktionieren noch, Eltern und Großeltern seien ebenso vor Ort wie alte Jugendfreunde. „Die Verbindungen zur Heimat sind nie ganz abgerissen.“
Das Wichtigste für den Neuanfang in der Heimat ist natürlich der Beruf: Mit einem selbstkonzipierten Online-Jobsteckbrief bringt Julia Handtke Rückkehrwillige und Unternehmer aus allen Branchen im Kreis zusammen. „Es gibt ja in der Region einen Bedarf an Fachkräften, und die Unternehmen sind sehr interessiert an diesen potenziellen Mitarbeitern, die oft Ideen und Innovationen von außen mitbringen“, so Handtke. Außerdem wissen die Arbeitgeber, dass ihre neuen Fachkräfte nicht so schnell die Segel streichen, wenn sie sich im Kulturland niedergelassen haben.
Website soll Agentur besser auf dem Markt positionieren
Auf jeden Fall sollten sich regionale Unternehmen sich auf die Bedürfnisse junger Familien vorbereiten, um dem „War of Talents“ - insbesondere im ländlichen Raum – standzuhalten. „Homeoffice und flexible Arbeitszeiten sind nicht nur für Rückkehrer wichtige Punkte und sollten somit von den Arbeitgebern berücksichtigt werden“, betont Julia Handtke.
Um die Agentur bekannter zu machen und sich entsprechend zu positionieren, wird eine Website aufgebaut, in der auch Unternehmen ihre Firmenporträts abbilden können. „Als Agentur wollen wir als ein festes Bindeglied zwischen Rückkehrern, Unternehmen und Kommunen im Kreis agieren.“
Work-Life-Balance
Sabrina Busse hat ihre Rückkehr übrigens nie bereut. Gemeinsam mit ihrem Mann hat die junge Frau das Haus der Großeltern umgebaut, die Familie freut sich über den eigenen Garten und über die schöne Landschaft. „Um die Ecke ist der Wald, und in zehn Minuten bin ich an der Weser“, so Sabrina Busse. Nachteile, auf dem Land zu leben, sieht sie wenige. „Mit Kindern verschieben sich die Prioritäten, und neben der Arbeit kann man sich wunderbar in der Natur erholen, den Wald entdecken und schöne Ausflüge machen“, sagt die Existenzgründerin. Die Work-Life-Balance in der neuen-alten Heimat scheint also für die junge Familie optimal zu sein.
Weitere Infos: www.xregion.de/rueckkehrer-gesucht
Foto: Leader