Höxter (red). Sie sind Drahtzieher, Vermittler und Unterstützer. "Wir helfen dem Patienten nach einem Schlaganfall dabei, seinen Alltag wieder selbstständig meistern zu können", sagt Angela Winzmann. Seit drei Jahren arbeitet die 59-Jährige als Schlaganfall-Lotsin im St. Ansgar Krankenhaus der Katholischen Hospitalvereinigung Weser-Egge GmbH und begleitet Patienten der Stroke Unit der Klinik für Neurologie nach ihrer Entlassung.
Schlaganfall-Lotsen haben eine beratende, unterstützende und entlastende Funktion für die Betroffenen und deren Angehörige. Viele Patienten kommen aus der Reha zurück nach Hause, leiden teilweise noch an körperlichen Lähmungen, Sprachstörungen oder kognitiven Einschränkungen. Auch Angehörige sind nicht immer greifbar. Wie sie ihren Alltag schaffen sollen? Für einige Patienten teilweise unvorstellbar. "Sie sind mit der Situation überfordert und suchen Hilfe", weiß Winzmann, die dem Patienten etwa ein Jahr zur Seite steht.
Dafür steht die Lotsin im engen Austausch mit dem Sozialmanagement der KHWE. Sie informieren und beraten Patienten und deren Angehörige, dokumentieren Behandlungen, unterstützen bei der Beantragung von Hilfsmitteln, der Suche nach einem Pflegedienst oder bei notwendigen Umbaumaßnahmen zu Hause und überwachen schließlich die Einhaltung von Therapieplänen und Medikation.
"Mit unserer Arbeit soll sich nicht nur die Lebensqualität des Patienten verbessern. Auch das Risiko von weiteren Schlaganfällen soll verringert werden", sagt Winzmann weiter und weiß, wovon sie spricht. Seit fast 40 Jahren arbeitet sie als Krankenschwester im St. Ansgar Krankenhaus in Höxter – zwölf Jahre lang als "Stroke Nurse" in der Klinik für Neurologie. Zusätzlich vertiefte die Expertin ihr Wissen und die medizinischen Details eines Schlaganfalls mit seinen möglichen lebenslangen Folgen in einer vier Monate langen Schulung im Case Management für den Schlaganfall-Lotsen.
Das Schöne an diesem Job? Angela Winzmann: "Die Erfolge des Patienten nach dem Schlaganfall miterleben zu können." Neben ihr kümmert sich auch Irmhild Schmidt um die Betreuung der Patienten in der NFR und nach der Entlassung. "Ein Schlaganfall ist häufig ein tiefer Einschnitt im Leben der Betroffenen", sagt Schmidt, die bei der Arbeit besonders die Nähe zu dem Patienten schätzt. "Wir bauen eine sehr enge Verbindung zu ihm auf." Innerhalb der vergangenen zwei Jahre begleiteten Winzmann und Schmidt knapp 200 Patienten des Höxteraner Krankenhauses nach ihrer Erkrankung auf dem Weg zurück in ein möglichst beschwerdefreies Leben.
In der Klinik für Neurologie und NFR mit zertifizierter Schlaganfall-Station (Stroke Unit) am St. Ansgar Krankenhaus Höxter sind Ärzte und Pflegepersonal auf die Versorgung akuter Schlaganfälle spezialisiert. "Hier werden Patienten nach den ersten Stunden bis Tagen nach dem Schlaganfall behandelt", sagt Chefarzt Prof. Mark Obermann (45), der bereits auf langjährige Erfahrungen in der neurologischen Frühreha zurückgreifen kann. Seit Anfang dieses Jahres leitet er die Klinik für Neurologie. Aktuell stehen für die anschließende Rehabilitation zehn Betten zur Verfügung. Eine Vergrößerung der Station um zehn Betten ist in Planung. Ob Ergo- und Physiotherapeuten, Logopäden, Neuropsychologen, Ärzten und zur Stroke Nurse ausgebildeten Pflegern: In diesem Bereich arbeiten viele verschiedene Berufsgruppen miteinander. "Sie alle erarbeiten ein individuelles Therapiekonzept für eine zügige Rehabilitation und Mobilisation", so Prof. Obermann und betont: "Die Behandlung in der NFR ist eine ideale Ergänzung zur regelhaften Versorgung und verbessert die Versorgung der Schlaganfall-Patienten erheblich."
Während die Betroffenen nach dem Schlaganfall früher zum Teil in Senioren- oder andere Pflegeeinrichtungen verlegt werden mussten, haben sie heute immer häufiger die Chance, ihren Alltag selbstständig meistern zu können – und das nicht nur dank der Therapie in der NFR, sondern auch und vor allem dank der Unterstützung der beiden Schlaganfall-Lotsen Angela Winzmann und Irmhild Schmidt.
In der Klinik für Neurologie und NFR mit zertifizierter Schlaganfall-Station (Stroke Unit) werden unter der Leitung von Chefarzt Prof. Mark Obermann jährlich etwa 2500 Patienten stationär behandelt. "Jeder Schlaganfall ist ein Notfall", so Prof. Obermann. Plötzlich auftretende Sprachstörungen, Schwindel und Gleichgewichtsverlust, Lähmungen und Taubheitsgefühle, Sehstörungen und starke Kopfschmerzen – das alles können Symptome für einen Schlaganfall sein. Der Chefarzt appelliert an die Menschen, trotz der aktuellen Corona-Situation auf die Symptome ihres Körpers zu achten und das Krankenhaus nicht zu meiden.
Prof. Obermann: "Im Notfall zählt jede Minute. Patienten sollten dann nicht zögern und sich keine zusätzlichen Sorgen machen. Wir stellen in unseren Krankenhäusern sicher, dass Corona-Patienten und auch Verdachtsfälle nur auf den entsprechenden Isolations-Stationen von dafür abgestellten Behandlungsteams behandelt werden. Der Infektionsschutz ist also gewährleistet."
Schlaganfall-Lotsen für Ostwestfalen-Lippe“ ist ein vierjähriges Modellprojekt der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe, finanziert durch Bundesmittel. Bis Ende März 2021 wurden anlässlich dieses Projektes auch am St. Ansgar Krankenhaus der KHWE Patienten aufgenommen. Derzeit läuft die wissenschaftliche Evaluation seitens der Universität Bielefeld. Seit April 2021 werden, bis zum Vorliegen der Evaluation, die Kosten der Lotsen in OWL durch eine Übergangsfinanzierung von den kooperierenden Krankenkassen übernommen. Daher können am St. Ansgar Krankenhaus (nach definierten Kriterien) auch weiterhin Patienten in das Lotsen-Programm aufgenommen werden.
Foto: Katholische Hospitalvereinigung Weser-Egge gGmbH